Die Weltausstellung in Paris 1889

Weltausstellungen waren das Ereignis im ausgehenden 19. Jahrhundert. In Heerscharen drängten die Menschen auf die Messegelände, um sich von den Präsentationen in Erstaunen versetzen zu lassen. Die Weltausstellungen boten dabei ein großes Kaleidoskop an verschiedenen Ausstellungsinhalten. Zum einen gab es den Bereich der neuen technischen Errungenschaften, die meist in riesigen, eigens für die Ausstellung gebauten Hallen untergebracht waren. Zum anderen wurden in einer Art Dorf mit vielen Pavillons für die einzelnen Länder verschiedene Kulturen präsentiert, unter anderem auch exotische aus afrikanischen oder asiatischen Ländern. Und schließlich bot jede Weltausstellung auch einen Jahrmarkt, der dem Vergnügen diente und als Kontrapunkt zu den wissenschaftlichen und technischen Exponaten gedacht war.

Die Anfänge der Weltausstellung

Die erste Weltausstellung überhaupt hatte 1851 in London stattgefunden, ursprünglich eine reine Industriemesse, die den immer rasanteren Fortschritt der Industrie der westlichen Länder abbilden sollte, oder, wie im Amtlichen Bericht zu lesen war: "die Industrie-Erzeugnisse aller gebildeten Völker der Erde zu einer vergleichenden Zusammenstellung zu vereinigen". (1) Schon diese erste Weltausstellung war spektakulär, nicht nur wegen des grandiosen Ausstellungsgebäudes, das im Hyde Park errichtet worden war: dem Crystal Palace. Dieser war ein aus Gusseisen und Glas gefertigter Palast mit gigantischen Ausmaßen, 563 Meter lang, 124 Meter breit und 33 Meter hoch.

Vorläufer der internationalen Gewerbeschau, was die Weltausstellung im Grunde war, waren nationale Industrieausstellungen, die es in Frankreich schon seit Beginn des 19. Jahrhunderts gegeben hatte. Somit war es auch nur logisch, dass die zweite Weltausstellung 1855 in Paris stattfand, mit weiteren Schauen wieder in London 1862 und Paris 1867. In den folgenden Jahren entwickelten sich die Weltausstellungen mehr und mehr zu einem Spektakel mit immer größerer Ausdehnung des Vergnügungs- und Jahrmarktbereichs und immer ausgedehnterer Zurschaustellung alles Exotischen und Ungewöhnlichen.

Dies übte in einer Zeit, als ferne Länder und Kontinente noch wirklich fern und unbekannt waren - es sei denn man hatte sie selbst bereist oder den Reiseberichten gelauscht -, und die Neugier auf alles Ferne und Exotische ausgesprochen groß war, eine enorme Anziehungskraft aus.

Die Weltausstellung in Paris 1889

Doch es waren nicht nur die Exotismen, die 32 Millionen Besucher (2) zur Weltausstellung 1889 in Paris strömen ließen. Die größte Anziehungskraft wirkte wohl der extra für die Weltausstellung erbaute, damals höchst umstrittene Eiffelturm aus; eine revolutionäre Konstruktion und damals der höchste Turm der Welt. Aber auch die Maschinenhalle, in der mit großem Getöse die neuesten Maschinen hämmerten und lärmten, und der Industriepalast besaßen gigantische Ausmaße. Der Industriepalast erstreckte sich über eine Länge von 700 Metern!

Maschinenhalle der Weltausstellung 1889 in Paris
Maschinenhalle der Weltausstellung 1889 in Paris

Bei den technischen Innovationen erstaunten die Besucher vor allem Edisons Phonograph und die Elektrizität, die in gewaltigen Lichtinstallationen gefeiert wurde; die spektakulärste wohl die von der Spitze des Eiffelturms in das nächtliche Paris strahlende, und dazu in den Farben der Tricolore leuchtende Illumination.

Debussy fand sein Faszinosum allerdings andernorts. Vor allem die javanischen Gamelan-Orchester mit ihren Tänzerinnen, die Musikensembles aus Japan und China, das annamitische (aus Vietnam kommende) Theater und die andalusischen Klänge beeindruckten Debussy außerordentlich und hinterließen tiefe Spuren in seinem Kunstverständnis und in Kompositionen wie Pagodes aus den Estampes.

Die fremdartigen Klänge trafen allerdings nicht überall auf soviel Enthusiasmus wie bei Debussy, der über das annamitische Theater schrieb: "Eine kleine, rasende Klarinette vertritt die Gemütsbewegung, ein Tam-Tam vertritt den Schrecken - und sonst gibt es nichts. [...] Keine Spur von schlechtem Geschmack." (3) In der Sonderzeitung zur Weltausstellung findet sich dieser Bericht über das gleiche Ereignis: "Ein ungewöhnliches Getöse … Die Melodie gleicht jener von Küchengeschirr, das eine Kellertreppe hinunterkollert" (4).

Leseempfehlung

Winfried Kretschmer: Die Geschichte der Weltausstellungen, Campus Verlag, 1999.
Ein Buch, das ein trockenes, sprödes Abarbeiten der vielen Weltausstellungen seit 1851 im Stile eines Nachschlagewerks sein könnte, entpuppt sich schon nach den ersten Seiten als ein packend erzähltes und fesselndes Erlebnis, das einen bis zum Schluss nicht mehr loslässt. Ein großes Lesevergnügen, bei dem man vieles lernt!

(1) Zitiert nach: Kretschmer, Winfried. Die Geschichte der Weltausstellungen, Campus Verlag, 1999, S. 15.
(2) ebda., S. 131.
(3) Zitiert nach: Fischer-Dieskau, Dietrich. Fern die Klage des Fauns. Claude Debussy und seine Welt, Deutsche Verlagsanstalt, 1993, S. 113.
(4) Zitat aus: http://www1.wdr.de/themen/archiv/stichtag/stichtag8286.html

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Jochen Scheytt
ist Lehrer, Pianist, Komponist, Arrangeur, Autor und unterrichtet an der Musikhochschule in Stuttgart und am Schlossgymnasium in Kirchheim unter Teck.