Musikalische Einflüsse auf Debussy
Richard Wagner
Mit Richard Wagner verband Debussy eine Art Hassliebe. 1888 und 1889 führten ihn zwei Fahrten nach
Bayreuth zu den Festspielen, wo er die Meistersinger, Parsifal und Tristan und Isolde sah.
Nach seiner ersten Reise war er völlig begeistert, vor allem von der revolutionären Harmonik des
Tristan, nahm aber später eine eher kritische Haltung ein. Grund für diese Distanzierung könnte gewesen sein,
dass er Wagner als übermächtiges Vorbild sah, von dem es schwer sein würde, sich zu lösen.
Modest Mussorgsky
Debussy bewunderte vor allem die Harmonik und einfache Formsprache des russischen Komponisten, dessen
Kompositionen er auf seinen Russlandaufenthalten bei Nadjeschda von Meck kennengelernt hatte. Von Mussorgskys
Werken kannte er die Oper Boris Godunow und den Liederzyklus Die Kinderstube, der unbestreitbar
Vorbild für Childrens Corner
war. Anklänge an ein anderes Lied von Mussorgsky finden sich in den ersten Takten der "Nuages" aus den
Trois Nocturnes für Orchester.
Clavecinisten
Die französischen Clavecinisten (clavecin (frz.) = Cembalo) des Barock waren nach seiner Aussage seine
wahren Vorbilder. Hierzu zählen vor allem Jean-Philippe Rameau und François Couperin. Diese Einflüsse
finden sich vor allem in den frühen Klavierwerken wie
Suite
bergamasque oder Pour le piano.
Musik der Romantik
Während seines Studiums am Pariser Conservatoire kam Debussy mit der Musik der Romantiker Alexis Emanuel Chabrier,
Jules Massenet, Charles Gounod und Gabriel Fauré in Berührung. Trotz Debussys kritischer und oft ablehnender
Haltung gegenüber dem Conservatoire und der
dort vermittelten Musik war die Tonsprache dieser Komponisten die Grundlage für seine eigenen frühen Kompositionen.
Javanische Gamelanorchester
Bei den Weltausstellungen
1889 und 1900 hörte Debussy zum
ersten Mal javanische Gamelanorchester, deren charakteristischer Klang sich aus verschiedenen Metallophonen, Gongs
und Trommeln zusammensetzt. Dabei benutzen sie zwei in Europa unbekannte Tonleitern, bei denen die Oktav in
fünf oder sieben Töne unterteilt ist. Die aus bis zu 30 Spielern bestehenden Orchester faszinierten Debussy
sehr und er verarbeitete Klang und Struktur dieser Musik in einigen seiner Werke, unter anderem in den
Estampes.
Ragtime
Aus den USA drangen zu Beginn des 20. Jahrhunderts neue Klänge, die die Komponisten in Europa durch ihre
ungewohnte Rhythmik und ihre Ursprünglichkeit in den Bann zogen. Hierbei war es vor allem der Ragtime mit
den synkopierten Rhythmen zu marschähnlicher Begleitung, der Debussy und andere
Komponisten zu einigen Werken inspirierte. Bei Debussy finden sich Anklänge an Ragtimes und Minstrel Shows in
Golliwogs Cakewalk aus
Childrens Corner, dem Klavierstück
The little negro und Minstrels und
Général Lavine - excentric aus den
Préludes Band II für Klavier.
Weitere Einflüsse
Debussy bewunderte die Musik Giovanni Pierluigi Palestrinas und Orlando di Lassos, die er bei seinen
Romaufenthalten kennenlernte und studierte. Er schätzte daran vor allem den spielerisch, aber gleichzeitig
perfekt verwendeten Kontrapunkt. Auch Frédéric Chopins Musik, die Debussy in jungen Jahren am Klavier
spielte, war ihm wichtig. Später besorgte er eine Werkrevision des französisch-polnischen Komponisten.
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